EILT SEHR
- mit der Bitte um Empfangsbestätigung-
Antrag / Anregung auf sofortige einstweilige Aussetzung der Sendung „Tatort Internet“ auf RTL 2
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie ich der Presse entnehmen konnte
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Medienaufsicht-prueft-RTL-II-Sendung-Tatort-Internet-1108034.html
prüfen Sie inzwischen die seit dem 11.10.2010 regulär montagabends um 20:15 Uhr auf RTL 2 ausgestrahlte Sendung "Tatort Internet" auf Vereinbarkeit mit den medienrechtlichen Vorgaben, denen die Sendung unterliegt.
Ich beantrage oder rege hiermit an, die Sendung mit Wirkung von heute sofort auszusetzen, mindestens bis die Einhaltung aller medienrechtlichen Vorgaben sichergestellt ist.
Begründung:
I.
Zu den verwirklichten Straftatbeständen zählen zweifellos die §§ 201, 201a StGB, wonach heimliche Bild- und Tonaufnahmen sowie deren Versendung ohne Einwilligung des Verletzten strafbar sind (siehe hierzu auch
http://www.internet-law.de/2010/10/tatort-internet-noch-luft-nach-unten.html ).
Das betrifft sowohl die Aufnahmen vor der Konfrontation mit dem Vorwurf, sich mit Minderjährigen verabredet zu haben, als auch die danach angefertigten Aufnahmen. Daran ändert auch die Verfremdung der Aufnahmen vor der Sendung rechtlich gar nichts. Lediglich ein Nachstellen der Szenen mit Schauspielern wäre nicht zu beanstanden, würde den "dokumentarischen" (siehe unten) Charakter aber völlig aufheben.
Für die Situation der Konfrontation mit den Vorwürfen, sich mit Minderjährigen verabredet zu haben, kommt außerdem eine strafbare Nötigung (§ 240 Abs. 1, 2 StGB) in Betracht, weil die "Täter" wahrscheinlich unter Drohungen (mit Strafanzeige, obwohl es sich nicht um ein strafbares Verhalten handelt; mit Versendung des Materials; mit Information des privaten Umfelds) dazu gezwungen werden, sich zu den Vorwürfen zu äußern oder auch nur in der Situation zu verharren. Dabei kann auch eine nicht ausgesprochene Drohung den Tatbestand der Nötigung erfüllen, zumal der Betroffene sich der Situation kaum entziehen kann.
II.
http://www.sueddeutsche.de/medien/tv-sendung-tatort-internet-ein-mann-taucht-ab-der-staatsanwalt-ermittelt-1.1012949
In diesem Fall wurde der Betroffene durch sein Umfeld identifiziert und vom Arbeitgeber gekündigt. Seitdem ist er verschwunden, seine Familie befürchtet, er könnte sich etwas angetan haben. Insoweit kämen sogar Schadensersatzansprüche gegen RTL 2 in Betracht, weil eine derart öffentliche Stigmatisierung durch strafloses privates Handeln eine unerlaubte Handlung nach § 823 Abs. 1 BGB sein kann (im Falle eines Selbstmords aufgrund dieser Vorgänge kämen auch Schadensersatzansprüche der Hinterbliebenen in Betracht).
III.
Dies wird durch die "prominente" Unterstützung der Sendung durch Stephanie zu Guttenberg sogar noch verschärft, denn der Zuschauer erhält so für seinen Hass auf die "Täter" gleichsam eine Erlaubnis von "höherer Stelle", die in seinen Augen "widerliche, armselige Schweine" sind. Dem können sich nicht einmal Menschen entziehen, die man eigentlich für besonnen halten sollte, zum Beispiel Til Schweiger:
http://www.bild.de/BILD/politik/2010/10/18/stephanie-zu-guttenberg/debatte-zu-tatort-internet-auch-til-schweiger-meldet-sich-zu-wort.html
Zitat:
Der Schauspieler fragt: „Wo bleibt der Beifall? Wo ist der empörte Aufschrei über diese widerlichen, armseligen Schweine? Hab ich noch nichts von gelesen, ich lese nur von ‚an den Pranger stellen‘, ‚Hexenjagd‘ usw…
IV.
Für die Sendung spricht auch nicht, dass sie dokumentarischen Charakter hat, denn das ist nicht der Fall. Gegen den dokumentarischen Charakter spricht nicht nur die vorgenannte reißerische Art und Weise der Aufmachung, sondern insbesondere, dass die gezeigten Fälle inszeniert sind.
Obwohl die Sendung den Eindruck zu vermitteln versucht, die gezeigten Chat-Protokolle seien authentisch, ist das schon prinzipiell unzutreffend. Es handelt sich nämlich gar nicht um Chats mit Minderjährigen. Vielmehr geben sich Erwachsene Personen als Minderjährige aus, um sich mit den "Tätern" zu verabreden. Selbst wenn denkbar wäre, dass sich ein "Täter" auch mit einer Minderjährigen verabredet hätte, lässt sich das nicht schon aus den gezeigten Chats schließen, denn diese sind ja von vornherein gerade darauf angelegt, die "Täter" zu einer Verabredung zu veranlassen. Gerade hier liegt der subtile Höhepunkt der Verlogenheit der ganzen Sendung, die selbst Gelegenheiten für "Täter" schafft, um sie dann auszunutzen.
V.
Mit freundlichen Grüßen,
Anlage: Weitere kritische Artikel über die Sendung
http://www.heise.de/newsticker/meldung/TV-Kritik-Tatort-Internet-Schuetzt-endlich-unsere-Kinder-startete-auf-RTL-2-1104051.html
http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,721974,00.html
http://www.netzpolitik.org/2010/tatort-internet-erster-tater-geoutet/
http://www.netzpolitik.org/2010/seehofer-fur-netzsperren-guttenberg-fur-hartere-gesetze/
http://www.netzpolitik.org/2010/tatort-internet-aufklarung-oder-moderner-pranger/
http://www.netzpolitik.org/2010/tatort-internet-zwischenstand-und-danksagung/
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